Bautagebuch
Die Pracht des Himmels wölbt sich über den Köpfen der Gläubigen
Nach weniger als zwölf Monaten Restaurierungszeit hat die 1745 eingeweihte barocke Pfarrkirche St. Pankratius in Boppard-Herschwiesen ihr originales, prachtvolles Aussehen wieder erhalten. Vom Gewölbe des dreijochigen Saalbaus mit seinem 5/8-Chor über dem hochragenden Säulenaltar mit den überlebensgroßen Heiligenfiguren des Petrus, Paulus, Pankratius und Sebastian neben der die Altarmitte zierenden, mit dem Strahlenkranz umgegebenen Maria Immaculata (Unbefleckte Jungfrau), meint man in den Farben rosa, grün, blau und dem kräftigen Gelb auf den Gurtbändern das alte Bild der Kirche aus der Erbauungszeit wieder zu erkennen, obwohl offiziell bisher kein farbiges Bild aus dieser Zeit überliefert wurde. Auf den seitlichen Gurtbändern, den Lisenen, sind die Ranken in zartem braun wiedererstanden. Eindrucksvoll sind auch die qualitätvollen Stuckarbeiten an Decke und Wänden. Im Altarraum sind oberhalb der fünf Fenster und Nischen die besonders gestalteten Blütenblätter, teils mit Engelsköpfen und fast flächenhaft vergoldet, jetzt dramatisch hervorgetreten.
Über allen Bildern scheint das Sonnengold des Himmels in dem Altarraum und lässt die Locken der kleinen, lustigen Engel am Gewölbe und an den prallen Putten am Altar hell leuchten. Auch die gesamte Orgelempore wurde repariert und mit rosa Stuckbändern garniert.
Die Initialen „DMM“ an der Decke über der Kommunionbank deuten auf den Erbauer der Kirche Matthias Metzen, Pfarrer in Herschwiesen von 1710 bis 1750, hin. Seine rastlose Energie hatte im Jahre 1745 zur Vollendung dieses Barockschatzes auf dem Vorderhunsrück geführt und der heutigen kleinen Kirchengemeinde damit auch ein sorgenvolles Nachdenken hinterlassen, wie man diesen eigentlich nur aus Süddeutschland bekannten Prachtbau des Bopparder Baumeisters Johann Neurohrer, der Nachwelt erhalten könne.
Das Werk der Restaurierung, für das sich die Herschwieser Gläubigen und unzählige andere Bürger aus der Nachbarschaft überzeugend einsetzten, ist zwar großartig gelungen. Die kalkulierten Kosten aber haben sich in den letzten acht Jahren seit Beginn der Restaurierungsplanung doch erheblich erhöht von ca. € 340.000 auf jetzt rund € 620.000.-
Ohne die faszinierenden Aktivitäten des eigens gegründeten Fördervereins und die Zuschüsse der kirchlichen und staatlichen Denkmalpflege sowie der Stadt Boppard und ihres ideenreichen Bürgermeisters Dr. Walter Bersch wäre die Finanzierung wohl kaum gelungen.
Einnahmen aus zahlreichen Konzertveranstaltungen, zuletzt den Mainzer Hofsängern, dem kreativen „Adventsglüh“ des Fördervereins und der uneigennützigen Hilfe vieler verdienstvoller Sponsoren aus der heimischen Wirtschaft haben das Grundgerüst der Finanzierung gesichert. Allein € 160.000 hat der Förderverein selbst eingebracht. Die noch bestehende Finanzlücke von € 110.000 soll durch ein Bankdarlehen über 10 Jahre Rückzahlungsdauer an den Förderverein geschlossen werden.
In den Wochen nach Ostern sollen die Arbeiten zur Wiederaufstellung der Altäre, zur „Aushausung“ und Überprüfung der Orgel sowie die Installationsarbeiten für Beleuchtung und Lautsprecheranlage abgeschlossen werden. Für die Reinigung der Bänke und des Kreuzweges aus der Januarius-Zick-Schule haben sich bereits mehr als ein Dutzend freiwillige Helfer gemeldet. Das Datum der Wiedereinweihung der Kirche steht noch nicht fest. Es wird wohl ein großes Fest werden, denn diese Kirche ist mit ihrer noch nie gesehenen Goldausstattung ein barockes Farbwunder geworden und dabei immer noch beeindruckend dezent geblieben. Schließlich ist sie kein Museum, sondern nach wie vor ein Gotteshaus, das unzähligen Menschen aus dem Niederkirchspiel seit 265 Jahren eine geistige Heimat bedeutet.
Adolf Meinung